Wir schreiben an den Peitinger Bürgermeister

Der Peitinger Bürgermeister hatte unseren kürzlichen Besuch in Peiting sehr engagiert auf Facebook kommentiert. Deshalb haben wir ihm ein persönliches Gespräch angeboten. Leider hatte er keine Zeit für uns, hat uns aber eine ausführliche Mail geschrieben. Er glaubt, wir hätten nicht verstanden, dass „Energie Schwaben“ den Kunden verspricht, ab 2040 Biogas zu liefern, wenn sie jetzt neue Gasheizungen einbauen.

Wir haben ihm deshalb ausführlich geantwortet, warum wir das für keine gute Idee halten:

Weilheim, 14.05.2025

Sehr geehrter Herr Ostenrieder,

wir bedauern sehr, dass Sie keine Zeit für ein persönliches Gespräch finden. Würde Ihnen vielleicht ein Abendtermin entgegen kommen? Für Ihre ausführlich Mail möchten wir Ihnen aber danken.

Wir möchten Ihnen auch versichern, dass uns das Thema Energie- und Wärmewende sehr wichtig ist und dass wir uns seit Jahrzehnten mit der Frage beschäftigen, wie diese gelingen kann. Auch verfolgen wir interessiert die Presseberichterstattung und tauschen uns natürlich mit unserem Landesbüro, mit Greenpeace Deutschland und mit anderen Umweltverbänden aus.

Eine kurze Überschlagsrechnung vorweg: Welche Rolle kann z.B. Pferdemist bei der Erreichung der Klimaneutralität spielen? Ein Pferd produziert ca. 20 kg Mist pro Tag, das sind 7,3 t/Jahr (alle Quellen unten). Damit lassen sich 730 m3/(Pferd* Jahr) CH4 erzeugen. Bei einem Gasverbrauch von 15 m3/(m2 * Jahr) hat ein 150 m2-Haus einen Gasverbrauch von 2.250 m3/Jahr. Das heißt, man braucht 3 Pferde, um ein Haus zu heizen. Der durchschnittliche Pferdehalter im Landkreis hält 8 Pferde, das heißt Pferdehalter könnten sich rein rechnerisch selbst versorgen und 1 – 2 Nachbarn noch mit. Da im Landreis 356 Pferdehalter 66.187 Wohnungen gegenüber stehen, ist das leider nicht der große Wurf. Deshalb wird in Peiting auch mit Pferdeäpfeln aus 20 km Umkreis geplant, das ist das 1,3-fache des gesamten Landkreises – für 700 Peitinger Haushalte.

Aber Kleinvieh macht ja bekanntlich auch Mist und natürlich müssen wir Reststoffe soweit wie möglich und auf intelligente Weise energetisch (und stofflich) verwerten, wenn Klimaschutz gelingen soll.

Es gibt aber aus unserer Sicht drei entscheidende Gründe, warum die Verlegung neuer Gasleitungen in Peiting die Energie- und Wärmewende nicht fördert, sondern ausbremst:

– Grüne Gase werden zur Energiespeicherung und für Industrieanwendungen dringender benötigt. Während der Ausbau von Windkraft & PV, zwar zu langsam aber immerhin, fortschreitet, sind Speicher noch Mangelware. Biogas (Methan) lässt sich aber auch über längere Zeit speichern und könnte deshalb in Dunkelflauten die Stromversorgung aufrecht erhalten.

– Aus Biogas Strom für Wärmepumpen zu erzeugen ist effizienter als mit Gas zu heizen. Auch das kann man ganz einfach überschlagen: Wenn eine Gas-Brennwertheizung einen Wirkungsgrad von 1,0 hat, alternativ aber das Gaskraftwerk einen Wirkungsgrad von 0,5 für die Stromerzeugung und die Wärmepumpe eine durchschnittliche Arbeitszahl von 3 (bei JAZ unter 3 entfällt die Förderung), dann ist die Variante mit der Wärmepumpe bereits 1,5-fach effizienter als eine Gasheizung. Man spart rund ein Drittel der Energie und das ist sehr vorsichtig gerechnet. Schon heute können an sonnigen und windigen Tagen Wärmepumpen sogar direkt aus erneuerbaren Energien versorgt werden – Tendenz steigend. Gaskessel werden hingegen nach Ihrer Angabe noch bis mind. 2040 mit Erdgas befeuert, das darüber hinaus auch immer teurer wird.

– Auch Bestandsgebäude können durch Wärmepumpen effizient beheizt werden. 1- bis 2-Familienhäuser aus den 60er bis 90er Jahren sind keine Peitinger Besonderheit, sondern aufgrund der Häuslebau-Politik in Zeiten der geburtenstarken Jahrgänge absoluter Standard. Natürlich haben die Wärmepumpenhersteller das längst erkannt und es gibt effiziente Luft-Wasser-Wärmepumpen, optimiert für unsanierte Bestandsgebäude mit höheren Vorlauftemperaturen. Sie können versichert sein, dass wir darüber sehr gut informiert sind. Warum? Weil die meisten von uns, unsere Eltern, Geschwister und Freunde selbst solche Häuser besitzen. Von der Doppelhaushälfte bis zum alten Bauernhaus ist da alles dabei. Sie können uns deshalb glauben, dass wir unsere eigenen Umstellungen auf Wärmepumpen gut durchdacht, geplant und erfolgreich durchgeführt haben.

Zusammenfassend kann man also feststellen: Biogas ist nur sehr begrenzt verfügbar. Wenn statt Reststoffen, die sowieso anfallen, Ackerfrüchte zur Erzeugung eingesetzt werden, steht die Biogaserzeugung in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, dem Naturschutz u.v.m.. Derzeit dienen bereits 20 % (!) der Ackerfläche in Deutschland der Energieerzeugung. Außerdem ist das Heizen mit Biogas, auf die benötigte Fläche bezogen, ineffizient: Mit einem Hektar Fläche können „Abwärme und Strom von Biogasanlagen sieben Haushalte ein Jahr lang versorgen. Die installierten PV-Anlagen schaffen pro Hektar mithilfe von Wärmepumpen 170 Haushalte zu versorgen. Bei den Windrädern waren es sogar 4.300.“

Deshalb sind wir überzeugt, dass das derzeit zu 99 % fossile Gas im Netz, auch in Peiting keineswegs „automatisch“, weder sofort noch im Jahr 2040, durch Biogas ersetzt werden kann, jedenfalls nicht wenn der Rest des Landes ebenfalls klimaneutral werden soll. Es wäre wirklich sinnvoller, die Anwohner neutral und technologieoffen auch zu alternativen Lösungen wie Wärmepumpen zu beraten und die Fakten von neutralen Experten einordnen zu lassen, statt einzig einem kommerziellen Gasanbieter das Feld zu überlassen.

Mit freundlichen Grüßen zurück nach Peiting

Karin Knöthig, Stefan Schwaller, Manfred Huber

Greenpeace Weilheim

In diesen Quellen finden sich alle verwendeten Zahlen und Daten:

https://www.cavallo.de/reiterwissen/haufenweise-energie/
https://www.statistik.bayern.de/mam/produkte/statistik_kommunal/2022/09190.pdf
https://www.gasguide.de/ratgeber/durchschnittlicher-gasverbrauch-deutschland/
https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/energie/energie-vom-acker-im-vergleich-wie-effizient-sind-photovoltaik-windkraft-und-biogasanlagen/?fbclid=IwY2xjawKP8f5leHRuA2FlbQIxMQABHnQCSBm_lZlepHerLUR_GLB_22v3ho9aR0hLhWNRJEbbahSgmvh7zMQZz_Oh_aem_MR-myCg7TnOdMwTo8GppNA
https://www.bmuv.de/themen/naturschutz/naturschutz-und-energie/naturschutz-und-bioenergie